Sommersemester 2011

Prof. Dr. Hans-Christian Maner (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Dienstag, 17. Mai 2011, 19.30 Uhr im Vortragssaal der VILLA CLEMENTINE
(Wiesbaden, Wilhelmstraße Ecke Frankfurter Straße)

Im Dienst des Sultans. Vom Aufstieg und Fall der Phanarioten (17.-19. Jh.)

Das Osmanische Reich war durch eine große kulturelle Heterogenität gekennzeichnet. Nicht nur in den verschiedenen Regionen des Reiches sondern auch am Hof des Sultans tummelten sich neben Muslimen Vertreter der verschiedenen christlichen Konfessionen sowie Juden. Der Vortrag will sich einer bestimmten Gruppe zuwenden: den „Phanarioten“, einer griechischsprachigen Führungsschicht. Handelte es sich dabei um eine „frevelhafte, finstere Clique“ oder um „Förderer von Wissenschaft und Kultur“? Was meint die Bezeichnung „Phanarioten“? Welches waren deren legitimatorische, wirtschaftliche und kulturelle Grundlagen, die ausschlaggebend waren für ihren Aufstieg? Worin bestand auf ihrem gesellschaftlichen Höhepunkt im Dienst des muslimischen Oberherrn die Tätigkeit als Pfortendolmetscher sowie als Stellvertreter des Sultans in den Donaufürstentümern? Zeitlich erstrecken sich die Ausführungen über diese nichtmuslimische Elite an der Hohen Pforte sowie im Osmanischen Reich über den Zeitraum vom 17. bis zum Anfang des 19. Jahrhundert.

Prof. Dr. Hans-Christian Maner, * 1963, Studium der Osteuropäischen Geschichte, Mittleren und Neueren Geschichte, Ev. Theologie, Politikwissenschaft in Tübingen, Mainz und Bukarest, Promotion 1996 in Osteuropäischer Geschichte in Mainz; Habilitation 2004 in Leipzig (venia legendi: Geschichte Ostmittel- und Südosteuropas).

Ankündigungsplakat als pdf. Maner.

Valeska Bopp-Filimonov M.A. (Bonn)
Dienstag, 24. Mai 2011, 18.15 Uhr, Hörsaal P 105 (Philosophicum)

Erinnerungen an den Kommunismus in Rumänien. Familienbiographien im Prozess gesellschaftlicher Transformation

Der Vortrag wird der Frage nachgehen, wie privates und öffentliches Erinnern in Rumänien seit 1989 zu¬sammenspielt. Das offizielle Narrativ ist – insgesamt betrachtet – negativ: „Kommunismus“ ist eine negativ behaftete Zuschreibung der jüngsten Vergangenheit, die wenig differenziert über die gut 40 Jahre des so¬zialistischen Staates gestülpt wird. Der lebensgeschichtliche Zugang über Interviews eröffnet eine Per¬spektive „von unten“, aus der Wahrnehmung und dem Erleben der Zeitzeugen, auf Höhen und Tiefen des sozialistischen Landes. Allerdings fällt es den Sich-Erinnernden oft schwer, die richtigen Worte der Be¬schreibung zu finden, da es im öffentlichen Diskurs kein Angebot für eine differenzierte Darstellung gibt, die dem vielschichtigen Erleben in ganz unterschiedlichen Jahrzehnten gerecht wird.

Valeska Bopp-Filimonov M.A., hat Kulturwissenschaften, Germanistik, Kommunikations- und Medien¬wissenschaft sowie Französistik, Rumänistik, Ost- und Südosteuropawissenschaften an der Univer¬sität Leipzig studiert. Nach verschiedenen Fortbildungs- und Forschungsstationen u.a. an der Staatlichen Technischen Universität in Perm, der Central European University in Budapest oder am Deutsch-Rumänischen Interdisziplinären Forschungsinstitut in Bukarest war Frau Bopp-Filimonov Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Ge¬schichte der RWTH Aachen. Zur Zeit ist sie Referentin der Studienstiftung des deutschen Volkes e.V. für das Max Weber-Programm.

Publikationen (Auswahl): „Wir haben uns zurechtgefunden.“ Mangel und Überlebensstrategien in Rumänien in den 1980er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts. In: Jahrbücher für Geschichte und Kultur Südosteuropas Bd. 6 (2004), S. 139-164; Die rumänische Revolution von 1989. Staatliche Inszenierung versus öffentlicher Diskurs. In: Gegenwart der Vergangenheit. Die politische Aktualität historischer Erinnerung in Mitteleuropa. Hg. Julian Pänke, Gereon Schuch. Baden-Baden, S. 25-30; Jurnalul din decembrie. Un inventar investigativ (übers. von Ovidiu Ţichin¬deleanu). In: Petrovszky, Konrad, Ovidiu Ţichindeleanu (Hg.): Revoluţia Română Televizată. Contribuţii la istoria culturală a mediilor. Hg. Konrad Petrovsky, Ovidiu Ţichindeleanu. Cluj 2009, S. 219-225.

Ankündigungsplakat als pdf. Bopp-Filimonov.

Dr. Heike Karge (Regensburg)

Dienstag, 7. Juni 2011, 18.15 Uhr, Hörsaal P 105 (Philosophicum)

Srebrenica im Jahre 2010 – Jasenovac im Jahre 1960
Was bedeutet es, Erinnerungspolitik an Krieg und Gewalt fünfzehn Jahre nach dem Krieg in den Blick zu nehmen?

Im Mittelpunkt des Vortrages steht die Frage ob die traurige Chance, den heutigen postjugoslawischen Raum als Nachkriegsraum zu erleben, uns zu neuen, relevanten Fragestellungen und Perspektiven für einen anderen Nachkriegsraum, die 1960er Jahre im sozialistischen Jugoslawien, führen kann. Viele erinnerungskulturelle Studien zum sozialistischen Jugoslawien kreisen um die Frage des Einflusses von offizieller Erinnerungspolitik an den Zweiten Weltkrieg und privat und familiär tradierter Kriegserinnerung auf den blutigen Zerfall Jugoslawiens. Im Vortrag wird dagegen die These formuliert, dass in dieser eingeengten, auf den Zerfall fokussierten Perspektive viele nützliche Fragestellungen und Forschungsansätze verloren gehen. Diese These wird unter einer akteurszentrierten erinnerungskulturellen Perspektive anhand zweier Erinnerungsorte – Srebrenica/Potočari und Jasenovac – , die jeweils 15 Jahre nach Kriegsende in den Blick genommen werden, diskutiert.

Heike Karge, Dr. phil., ist Historikerin und arbeitet als Akademische Rätin a.Z. am Lehrstuhl für südost- und osteuropäische Geschichte an der Universität Regensburg. Nach dem Abschluss des Studiums (M.A.) der Geschichte, Soziologie und Ost- und Südosteuropawissenschaften in Leipzig arbeitete sie zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung. Mit einem Promotionsstipendium des DAAD ging sie im Jahre 2002 an das Europäische Hochschulinstitut nach Florenz, wo sie im Jahre 2006 promovierte. Zur Zeit arbeitet sie an ihrem Habilitationsprojekt mit dem Titel „Geisteskrankheit als Diskurs und Praxis in Südosteuropa“.

Publikationen (Auswahl): Steinerne Erinnerung - versteinerte Erinnerung? Kriegsgedenken im sozialistischen Jugoslawien. Wiesbaden 2010; Practices and Politics of World War Two Remembrance. (Trans)National Perspectives from East and Southeast Europe. In: A European Memory? Contested Histories and Politics of Remembrance. Ed. Malgorzata Pakier and Bo Stråth. Oxford 2010, 137-146; Von Helden und Opfern. Eine Analyse der Erinnerungskultur zwischen Pietät und Ideologie In: Bogdan Bogdanović. Memoria und Utopie in Tito-Jugoslawien. Katalog zur Ausstellung Bogdan Bogdanović im Architekturzentrum Wien. Hg. Architekturzentrum Wien. Klagenfurt/Celovec 2009, 34-39; Mediated remembrance. Local practices of remembering the Second World War in Titos Yugoslavia. In: European Review of History 16/1 (2009), 49-62.

Ankündigungsplakat als pdf. Karge.