Inhaltsverzeichnis
- Loyalitäten, Identitäten und Interessen
- Parlamentarier der deutschen Minderheiten im Europa der Zwischenkriegszeit
- Deutsche und ihre Nachbarn in der Dobrudscha. Zu den Verflechtungen ethnischer Gruppen zwischen Donau und Schwarzem Meer (Josef Sallanz)
- Umkämpfte Grenzen, umkämpfte Bevölkerung. Die Formierung der Außengrenzen der Zweiten polnischen Republik (Benjamin Conrad)
- Sprachen der Selbstbeschreibung und Selbstrepräsentation im imperialen Russland (Jan Kusber, Alexander Kaplunovsky)
- Editionsprojekt: Briefe Christian von Schlözers an die Familie aus Russland. 1796-1814 (Dr. Alexander Kaplunovsky)
- Projekte (Hans-Christian Maner)
- Gewerkschaftsdachverbände als transnationale Akteure: der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) und sein Wirkungsfeld in der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in der Zwischenkriegszeit (Reiner Tosstorff)
Loyalitäten, Identitäten und Interessen
Thema dieses Buchs sind die deutschen Parlamentarier in Polen und Lettland in der Zeit zwischen den Weltkriegen. In den entsprechenden Gebieten der Vorgängerstaaten hatten die Deutschen vor 1918 die (mit-)herrschende Elite gestellt, gerieten ab 1918 aber in den Status einer Minderheit. Die Loyalitäten und Identitäten deutscher Abgeordneter in Lettland und Polen hingen sowohl von ihrer Erwartung an eine territoriale Revision als auch von den Partizipationsmöglichkeiten ab, die ihnen der Staat bot. Für beide Länder lässt sich die Zwischenkriegszeit in eine demokratische und in eine spätere autoritäre Phase untergliedern. Entsprechend wird auch untersucht, welche Auswirkungen das Entstehen der autoritären Herrschaften auf Identität und Handeln der deutschen Abgeordneten hatte.
Veröffentlichung:
Benjamin Conrad: Loyalitäten, Identitäten und Interessen. Deutsche Parlamentarier im Lettland und Polen der Zwischenkriegszeit. Göttingen 2016 (Mainz University Press).
Parlamentarier der deutschen Minderheiten im Europa der Zwischenkriegszeit
Untersuchungsgegenstand des Projekts sind die deutschen Parlamentarier in Polen und Lettland. Auf den entsprechenden Gebieten der Vorgängerstaaten stellten die Deutschen vor 1918 große Tedie (mit-)herrschende Elite, gerieten nun aber in den Status einer Minderheit. Beiden Untersuchungsländern ist gemein, dass sich die Zwischenkriegszeit in eine demokratische (Polen 1919-1926, Lettland 1920-1934) und in eine autoritäre Phase (Polen 1926-1939, Lettland 1934-1940) untergliedern lässt. Die Auswirkungen des Entstehens der autoritären Herrschaften auf Identität und Handeln der deutschen Abgeordneten sollen ebenfalls Teil der Untersuchung werden.
Ziel des Vergleichs ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. So war es den Minderheiten in Polen nicht möglich, Ministerposten zu besetzen. In Lettland gab es hingegen Regierungsbeteiligungen deutschbaltischer Parteien. So war Edwin Magnus, der auch als Parlamentarier in Erscheinung trat und 1933-1938 lettischer Gesandter in Wien war, zwei Mal Justizminister. Ein weiterer Unterschied besteht in der relativen Homogenität der deutschen Bevölkerungsgruppe in Lettland, die als historisch-kulturelle Einheit der Begriff der Deutschbalten zusammenfasst. Die deutsche Minderheit in Polen bestand hingegen aus ehemaligen Reichsbürgern in Posen, Westpreußen und Oberschlesien einerseits, sowie aus Deutschen in Zentralpolen, vor allem aus der Gegend um Łódź, und aus Wolhyniendeutschen. Es existiert daher kein analoger Gegenbegriff, wie man ihn mit „Polendeutsche“ vielleicht fälschlich vermuten könnte. Diese Heterogenität der Deutschen in Polen spiegelte sich auch in ihren Sejm-Abgeordneten wieder, da die Mandate in regionalen Wahlkreisen gewonnen werden mussten.
Es soll der Frage nachgegangen werden, welche Themenkomplexe im Spannungsfeld zwischen den Partikularinteressen der Minderheit und dem Staat als Ganzes bevorzugt bearbeitet und in die Parlamente eingebracht wurden. Die im Vordergrund stehende Frage der Identität bei der Beschäftigung mit ethnischen Minderheiten und den neuen staatlichen Konstellationen nach dem Ersten Weltkrieg lenkt den Blick auch auf das Konzept der Loyalität als einen häufig anzutreffenden zeitgenössischen Begriff. Loyalität umfasst nach den Arbeiten von Peter Haslinger und Joachim v. Puttkamer das Konzept der Identität, ist also ohne dies nicht zu denken, führt aber gleichzeitig darüber hinaus und bietet weiter reichende Erklärungsansätze. Deutlich wird dies sogleich, wenn danach gefragt wird, ob und wie sich Zuschreibungen und Identitätsmuster im Laufe der Zwischenkriegszeit wandelten. Diese Frage führt zur nächsten: Inwiefern spiegelte sich in den Beiträgen der Parlamentarier die Herkunft aus sozial und historisch-kulturell sehr unterschiedlichen sozialen Gruppen wider? Darüber spielt das Verhältnis der Abgeordneten der deutschen Minderheit zu denjenigen anderer Minderheiten eine Rolle. Die Frage ist hier, inwiefern es zu Kooperation, aber auch zu Abgrenzung zu den anderen Minderheitenvertretern kam. Das Projekt will nicht nur institutionengeschichtlich argumentieren und nach dem Verhältnis zwischen Staat, ethnischer Minderheit und andersnationalen Gruppen fragen, sondern anhand der verschiedenen deutschen Gruppen am Beispiel der Parlamentarier die kulturellen und sozialen Differenzen herausarbeiten, die zu Loyalitäts- und Identitätsbildungen beitrugen.
Das Projekt fällt aufgrund seiner Thematik sowohl in den Bereich der Kultur- als auch der Politikgeschichte. Methodisch spielt die Kulturgeschichte insofern eine Rolle, als die Arbeit das Parlament als öffentliches Forum der Bevölkerungsgruppen ins Zentrum rückt und Strategien der Selbstinszenierung anzeigt. Zu den hierbei zu klärenden Fragen gehören das Selbstverständnis und die Identität der Parlamentarier und deren Verhältnis zu dem Staat, deren Abgeordnete sie waren. Umgekehrt muss auch dem Parlamentsverständnis der Abgeordneten Raum eingeräumt werden, was deren Auftreten und Handeln im Parlament selbst und in dessen Umgebung. Diese Deutung wird durch einen multiperspektivischen, politikgeschichtlichen Ansatz erweitert. Ziel der Arbeit ist die Herausarbeitung derjenigen Faktoren, die für die Politikgestaltung und Identitätsbildung der gewählten Repräsentanten der deutschen Minderheit maßgeblich war.
Förderung: Bundesbeauftragter für Kultur und Medien
Betreuung: Prof. Dr. Hans-Christian Maner
Veröffentlichungen:
Benjamin Conrad, Hans-Christian Maner und Jan Kusber (Hg.): Parlamentarier der deutschen Minderheiten im Europa der Zwischenkriegszeit. Düsseldorf 2015 (Parlamente in Europa 4).
Deutsche und ihre Nachbarn in der Dobrudscha. Zu den Verflechtungen ethnischer Gruppen zwischen Donau und Schwarzem Meer (Josef Sallanz)
In dem von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderten Forschungsprojekt wurden Ansätze zur verflochtenen Geschichte multiethnisch geprägter Regionen angewandt. Dieses historische Konzept eignete sich hervorragend, um die Evolution der Dobrudschadeutschen und ihr Verhältnis zu den anderen ethnischen Gruppen in der Region zu untersuchen, einer Geschichte, die einerseits besonders von Abgrenzungen geprägt war, andererseits aber stellenweise auch von Verflechtung durch wechselseitige Beziehungen und Kontakte.
Ziel des Projekts ist die Erstellung einer Monographie über die deutschen Siedler und die Wechselwirkungen mit den anderen ethnischen Gruppen in der Dobrudscha. Die Studie soll einem breiten Publikum die soziokulturelle Evolution einer bislang weitgehend vernachlässigten Minderheitengruppe im östlichen Europa und ihre Verbindungen zu den Nachbarkulturen näher bringen.
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde der Thementag „Begegnungen, Verflechtungen, Abgrenzungen in der Dobrudscha. Deutsche Siedler und ihre Nachbarn zwischen Donau und Schwarzen Meer“ an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchgeführt. Es ist geplant, die Ergebnisse in einem Sammelband zu veröffentlichen.
Förderung: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Betreuer: Hans-Christian Maner
Umkämpfte Grenzen, umkämpfte Bevölkerung. Die Formierung der Außengrenzen der Zweiten polnischen Republik (Benjamin Conrad)
Die Dissertation beschäftigt sich mit der Entstehung und Formierung der Außengrenzen der zweiten polnischen Republik in den Jahren 1918 bis 1923. Ziel der Arbeit ist es, aus einer akteurs- und entscheidungsorientierten Perspektive heraus die maßgeblichen Faktoren der Grenzbildung zu bestimmen und diese mit einer politik- und teilweise kulturgeschichtlichen Deutung zu versehen. Ausgangspunkt der Untersuchung soll die polnische Sicht aus der Perspektive Warschaus sein. Dennoch ist die Arbeit international und vergleichend angelegt. Durch diese Perspektivenwahl sollen Lücken in der Forschung, die einerseits aus bilateraler Betrachtung und andererseits aus einseitig nationaler Sichtweise der bisherigen Forschung entstanden sind, geschlossen werden. Das Agieren der beteiligten Akteure soll nachgezeichnet und die gegenseitigen Wechselwirkungen zwischen Politik, Militär, Ökonomie und Zivilgesellschaft herausgearbeitet werden.
Als Quellenmaterial sollen in der Hauptsache Regierungsakten, hier Ministeriumsakten, dienen, die sowohl für Polen als auch für die beiden wichtigsten Nachbarstaaten, das Deutsche Reich und Sowjetrussland, eingesehen und ausgewertet werden sollen.
Förderung: Studienstiftung des deutschen Volkes
Doktorand: Benjamin Conrad
Betreuer: Jan Kusber
Veröffentlichung:
Benjamin Conrad: Umkämpfte Grenzen, umkämpfte Bevölkerung. Die Entstehung der Staatsgrenzen der Zweiten Polnischen Republik 1918–1923. Stuttgart 2014 (Quellen und Studien zur Geschichte des östlichen Europa 84)
Sprachen der Selbstbeschreibung und Selbstrepräsentation im imperialen Russland (Jan Kusber, Alexander Kaplunovsky)
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Gerade in der gegenwärtigen Situation der Europäischen Union, in der einmal mehr nach Definitionskriterien Europas gefragt wird sowie nach der Integrationskraft bzw. der Überforderung der Union, ist die Beschäftigung mit imperialem Phänomen im Sinne einer historischen Tiefendimension von Interesse.
In gewissem Sinne ist die Welt in eine postnationale Epoche eingetreten. Nationale Kriege und Konflikte werden - ungeachtet der Tatsache, dass es sie immer noch gibt - als Anachronismus aufgefasst, d.h. als die Beendigung eines Szenarios, welches das 20. Jahrhundert dominierte. Die ost- und ostmitteleuropäischen Länder, die sich vor nicht allzu langer Zeit vom "Reich des Bösen" losgesagt und ihre Selbstständigkeit wiedererlangt haben, opfern nun bewusst Teile ihrer Souveränität für den Aufbau eines übernationalen, allgemein europäischen Projekts, während die USA und Russland versuchen - jeder auf seine eigene Weise - eine supranationale "imperiale" Politik durchzusetzen. Des weiteren führt die ökonomische und kulturelle Globalisierung zu einer Relativierung des Begriffs "national".
Gleichwohl lässt sich rückblickend auf die Geschichte der neuzeitlichen Imperien feststellen, dass diese im Vergleich zum "Nationalstaat" mit seinen Selbstdarstellungen und historiographischen Rezeptionen im Rahmen der modernen Nationalismusforschung keine "Imperiologie" oder zumindest eine komplexe Selbstbeschreibung hinterließen. Die ersten wissenschaftlichen Reflexionen über die neuzeitlichen Imperien fielen mit dem Auftreten der westeuropäischen Gesellschaftswissenschaften zusammen, die von Anfang an im Kontext der nationalen Staaten Westeuropas entstanden sind und die Imperien als Anachronismen bzw. als feindliche Antipoden zum progressiven Typus des Nationalstaates und daher als auslaufende politische Systeme gesehen haben. Es bildete sich eine a priori kritische Forschungsposition oder eine Vernachlässigung gegenüber Imperien aus.
An dieser Stelle knüpft das von der Volkswagen-Stiftung mit 172.000 Euro gefördertes und an der Mainzer Universität angesiedelte internationales Forschungsprojekt "Sprachen der Selbstbeschreibung und Selbstrepräsentation im Imperialen Russland" an, das gemeinsam von den Osteuropahistorikern der Mainzer Universität und dem Center for the Study of Nationalism and Empire (Kazan’, Russland) durchgeführt wird. Leiter der Forschungsgruppe ist Univ. Prof. Jan Kusber, zum Mitarbeiterteam gehören Dr. Ilia Gerasimov, Dr. Sergei Glebov, Dr. Alexander Kaplunovskiy, Dr. Marina Mogilner, Dr. Hans-Christian Petersen und Dr. Alexander Semyonov an.
Das Projekt will mit Hilfe eines auf die imperialen Akteure und Akteursgruppen gerichteten Fokus das Russländische Reich aufspüren und Zusammenhänge der imperialen Gesellschaft erklären - nämlich durch eine Rekonstruktion der Selbstbeschreibungsmodi, die innerhalb einer imperialen, supranationalen Gesellschaft in Osteuropa und Eurasien entstanden sind. Als primäre Forschungsobjekte fungieren die Rezeptionen des imperialen Raumes durch einzelne Akteure und Akteursgruppen, ausgeprägt sowohl in der Rhetorik, als auch in Institutionen und Handlungen. Dies soll dazu beitragen, die Funktionsmechanismen von supranationalen Gesellschaften in ihrer Komplexität herauszuarbeiten. Diese Hauptmodi sollen ferner die politischen, sozialen und kulturellen Praktiken offen legen, die lange Zeit hindurch den neuzeitlichen Vielvölkerreichen bzw. dann den diese Imperien ablösenden multinationalen Staaten eine gewisse Stabilität verliehen haben und auch heute noch von Interesse sind.
Im Rahmen des Projekts wurden Workshops und eine Tagung zum Thema "Empire Speaks Out: Languages of Self-Description and Self-Representation in the Russian Empire" durchgeführt sowie sieben Teilprojekte in Deutschland und Russland vorangetrieben, deren Ergebnisse in sechs Monographien und einem forschungsprogrammatischen Sammelband veröffentlicht werden sollen. Bisher sind die unten stehenden Bücher erschienen. Weitere Publikationen finden Sie auf der Homepage des Forschungsprojektes.
Publikationen
Jan Kusber, Ilya Gerasimov, Alexander Semyonov (Hg.). Empire Speaks out? Languages of Rationalization and Self-Description in the Russian Empire. Leiden: Brill, 2009.
Ilya Gerasimov. Modernism and Public Reform in Late Imperial Russia. Rural Professoinals and Self-Organization, 1905-30. London: Palgrave Macmillan, 2009.
Marina Mogilner. Homo Imperii: A History of Physical Anthropology in Russia [Russisch] Moskau: NLO, 2008.
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Editionsprojekt: Briefe Christian von Schlözers an die Familie aus Russland. 1796-1814 (Dr. Alexander Kaplunovsky)
Die Quellenedition
Die Quellenedition schneidet gleich zwei Schlüsselbereiche der Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen um 1800 an, nämlich den Wissens- und Kulturtransfer auf dem Gebiet der Hoschulbildung und Wissenschaft in der Reformära Alexanders I. sowie die sozialen und kulturellen Lebenswelten der deutschen akademischen Migranten im Russland des beginnenden 19. Jh.s. Der Band beinhaltet eine ausführliche, quellen- und froschungsgestützte Einleitung mit dem daran anschließenden und komplett kommentierten Briefwechsel Christian von Schlözers mit seinem Vater August Ludwig von Schlözer - zweier sowohl für Deutschland als auch für Russland prominenter Gelehrten. Die Edition liefert für die historische Forschung eine bisher unbekannte, ihrer Inhalt nach allerdings sehr wertvolle und informationsreiche Quelle: Einen Teil des Nachlasses „Familie Schlözer“ aus dem Archiv der Hansestadt Lübeck sowie einen Teil der "Schlözer-Stiftung" der Niedersächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Göttingen. Christian von Schlözer gehört zu den prominentesten Vertretern der deutschen Gelehrten, die die erste Generation von Professoren an den Universitäten von Moskau, Dorpat, Char’kov und Kazan’ im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts stellten. Er war zwischen 1802 und 1826 Professor der „Staatswirtschaft“ an der Moskauer Universität und galt durch seine Lehrtätigkeit und die einschlägigen Publikationen auf diesem Gebiet als Wegbereiter des nationalökonomischen Denkens und der Staatswirtschaftslehre in Russland. Die bisherigen Untersuchungen über die deutschen Gelehrten im russischen Dienst und ihre Rolle in der Universitäts-, Bildungs-, Wissenschafts-, und Kulturgeschichte Russlands im 19. Jh. stützen sich hauptsächlich auf die überlieferten Quellen aus den russischen Universitätsarchiven sowie aus den Aktenbeständen des Ministeriums für Volksaufklärung. Egodokumente sind hingegen mit wenigen Ausnahmen eine Rarität.
Die Recherchen und die Veröffentlichung der Quellenedition wurden vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Projekte (Hans-Christian Maner)
Abgeschlossene Projekte:
Das im GWZO (Leipzig) abgeschlossene Projekt befasste sich mit intermediären Organisationen als Eckpfeiler demokratischer Ordnung. Sie leisteten einen Beitrag zu einem Gesellschaftskonzept. Als Organe der Interessenartikulation und als Vermittlungsinstanz sozialen Handelns nahmen sie eine Schlüsselrolle für die Integration von Gesellschaften ein. Als Träger institutionenspezifischer Werteorientierung leisteten sie einen Beitrag zur Festigung pluralistischer Strukturen. Das Projekt untersuchte die Hintergründe der Strukturkrise Ostmittel- und Südosteuropas in der Zwischenkriegszeit am Beispiel des Verhältnisses von Staat und Kirchen in Rumänien.
Veröffentlichungen:
Hans-Christian Maner: Multikonfessionalität und neue Staatlichkeit. Orthodoxe, griechisch-katholische und römisch-katholische Kirche in Siebenbürgen und Altrumänien zwischen den beiden Weltkriegen (1918-1940), Stuttgart 2007 (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa, Band 29).
Hans-Christian Maner, Martin Schulze Wessel (Hg.): Religion im Nationalstaat zwischen den Weltkriegen 1918–1939. Polen – Tschechoslowakei – Ungarn – Rumänien. Stuttgart, Franz Steiner Verlag 2002 (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa, Band 16).
Hans-Christian Maner, Norbert Spannenberger (Hg.): Konfessionelle Identität und Nationsbildung. Die griechisch-katholischen Kirchen in Ostmittel- und Südosteuropa im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart, Franz Steiner Verlag 2007 (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa, Band 25).
2. "Grenzräume und ihre Funktionen an den Rändern Europas: Galizien und die Bukowina im Kalkül der Donaumonarchie im 19. Jahrhundert"
Das von der Volkswagenstiftung geförderte Projekt beschäftigte sich mit den östlichen Kronländern der Habsburgermonarchie (Galizien und Bukowina), die als "Brücke" bzw. Trennlinie zwischen Europa okzidentalis und Europa orientalis betrachtet werden können. Im Unterschied zur bisherigen Forschung wird ein Perspektivwechsel vorgenommen und nach den in Wien entwickelten Plänen und Konzeptionen für die Position beider Länder in der Monarchie - im innen- und außenpolitischen Kontext - gefragt. Quellengrundlage des Vorhabens sind vor allem Denkschriften, Memoranden, Protokolle von Parlamentsdebatten usw., aber auch militärische Pläne, Bildungsprogramme sowie Reiseberichte und literarische Darstellungen.
Veröffentlichungen:
Hans-Christian Maner (Hg.): Grenzregionen der Habsburgermonarchie im 18. und 19. Jahrhundert. Ihre Bedeutung und Funktion aus der Perspektive Wiens. Münster 2005 (Mainzer Beiträge zur Geschichte Osteuropas, Band 1).
Hans-Christian Maner: Galizien. Eine Grenzregion im Kalkül der Donaumonarchie im 18. und 19. Jahrhundert. München 2007.
Gewerkschaftsdachverbände als transnationale Akteure: der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) und sein Wirkungsfeld in der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in der Zwischenkriegszeit (Reiner Tosstorff)
Ausgangspunkt dieser von der DFG geförderten Untersuchung ist der 1901 erfolgte Zusammenschluß gewerkschaftlicher Dachverbände (seit 1913: Internationaler Gewerkschaftsbund [IGB]). Ein zentrales internationales Betätigungsfeld fand er erst nach Ende des Ersten Weltkriegs in Gestalt der neu geschaffenen Internationalen Arbeitsorganisation (IAO). Grundlegend für deren Bildung war die Überlegung, daß innerer Ausgleich auf sozialem Gebiet zur Herstellung zwischenstaatlichen Friedens beiträgt. Die besondere Konstruktion der IAO als dreiteiliger Zusammenschluß (Regierungs-, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter) ermöglichte dem IGB einen zentralen Platz auf der Arbeitnehmerseite. Schwerpunkt seines Wirkens in der IAO war neben der internationalen Sicherung der Gewerkschaftsfreiheit die Mitarbeit an den zahlreichen Übereinkommen und Empfehlungen zur Regelung aller Arten von Arbeitsbedingungen.
Die geplante Studie soll also die Interaktion zwischen der internationalen Gewerkschaftsbewegung und der Internationalen Arbeitsorganisation an einem historischen Beispiel, der Zwischenkriegsepoche, untersuchen. Sie hat aber auch eine aktuelle Komponente, da es dabei um einen frühen Versuch zur Herstellung internationaler Sozialstandards im Weltmarkt geht.
Veröffentlichung:
Reiner Tosstorff: Profintern. Die Rote Gewerkschaftsinternationale 1921-1937. Paderborn 2004, bzw. The Red International of Labour Unions (RILU) 1920 - 1937.
Betreuer:
Reiner Tosstorf
Förderung:
DFG